Zum Tag der Behinderung – Includio liegt im Zeitplan
Der Inklusionsbeauftragte der Stadt Regensburg Frank Reinel und die Hotelleitung Helga Butendeich sprechen im Interview über die Barrierefreiheit von Regensburg und über das gerade entstehende Inklusionshotel „INCLUDiO“.
Wer im Internet über Inklusionsarbeit in Regensburg recherchiert, wird schnell fündig. Man findet einiges wie das drei Semester dauernde Zusatzstudium „Inklusion – Basiskompetenzen“ der Universität Regensburg bis hin zu einem Büro der leichten Sprache, – und die Walhalla hat inzwischen eine Rollstuhlrampe. Doch wie weit ist Regensburg hinsichtlich des Inklusionsgedankens?
Frank Reinel (FR): Ich glaube Regensburg ist schon ein ganzes Stück weiter beim Thema Inklusion, als so manch andere Kommune. Hintergrund ist, dass in den Jahren 2012-2016 das Projekt „Regensburg inklusiv“ in Regensburg stattfand. Das Projekt zeichnete sich dadurch aus, dass es von Bürger*innen für Bürger*innen gestaltet wurde, um mehr Teilhabe und Barrierefreiheit zu erreichen. Die Inklusionszirkel als Kernelemente des Projekts in den Bereichen Arbeit, Bildung, Wohnen und Freizeit/Sport/Kunst/Kultur/Gesundheit tragen den Spirit bis heute und setzen sich auch nach dem offiziellen Ende des Projektes für mehr Teilhabe in ihren Bereichen ein.
Welche Fortschritte hat die Stadt seit Ihrem Amtseintritt 2016 erlebt?
FR: Die bereits bestehende Sensibilität für die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderung in der Bevölkerung konnte intensiviert werden. Außerdem zeigte sich überdeutlich, dass das Vorhandensein eines kompetenten Ansprechpartners in allen Fragen des Lebens mit Behinderung geschätzt und notwendig ist – auch um ggf. Wege zu verkürzen und passgenaue Hilfen und Ratschläge anbieten zu können. Auch die Vereinbarkeit von Denkmalpflege und Barrierefreiheit kam einen guten Schritt voran, um auch das UNESCO-Welterbe Regensburg für alle erlebbar zu machen. Hierzu gehört natürlich auch, dass eine Toilette für alle geplant wurde, um auch Menschen mit komplexen Behinderungen einen Besuch der historischen Altstadt zu ermöglichen.
Nun bauen die Johanniter ein Inklusionshotel in Regensburg. Könnten Sie uns das Projekt zusammenfassen?
Helga Butendeich (HB): Sehr gerne. Wir verstehen uns als Leuchtturmprojekt der Region. Die Idee kam ins Rollen, weil bis dato eine Gruppe Rollstuhlfahrer die Stadt Regensburg nicht besuchen und hier übernachten kann. Zusätzlich werden wir einen großen Teil der neu entstehenden Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung vergeben. Die Ziele dahinter sind vielfältig: Wir werden unterschiedlichsten Behinderungen gerecht und setzen zudem einen Impuls am Arbeitsmarkt. Das ist für alle eine große Herausforderung und gleichzeitig eine tolle Chance.
Wie barrierefrei ist Regensburg Ihrer Meinung nach bereits?
FR: Natürlich stehen wir immer im Spannungsfeld zwischen Denkmalpflege im Weltkulturerbe und Barrierefreiheit. Deshalb sind starre DIN-gerechte Lösungen zur Barrierefreiheit oftmals nicht zielführend. Vielmehr sind es kreative und pragmatische Lösungsansätze, die es uns ermöglichen Regensburg immer wieder ein Stückchen mehr barrierefrei zu machen.
Wo sehen Sie Verbesserungspotential bei der Barrierefreiheit in Regensburg?
FR: Verbessern kann man sich immer. Ich möchte hier jedoch nichts ganz speziell herausheben, da wir bemüht sind Barrierefreiheit und Teilhabe für alle umfassend zu ermöglichen. Dabei gilt es viele divergente Bedarfe miteinander in Einklang zu bringen und überzeugende Konzepte zu entwickeln. Diese greifen dann optimalerweise ineinander und verbessern die Barrierefreiheit in einem weiten Maße.
Was kann oder wird Includio für die Stadt Regensburg und für die Menschen in der Region bieten, auch im Hinblick auf barrierefreies Reisen?
HB: Wir bieten mit unserem komplett barrierefreien Hotel endlich auch Gruppen mit Mobilitätseinschränkungen die Möglichkeit Regensburg als Urlaubsziel in Betracht zu ziehen. INCLUDiO bietet insgesamt 84 Zimmer –18 davon sogar rollstuhlgerecht. Durch seine besondere Ausstattung ist es auch für Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen geeignet. Für Eltern mit Kindern entstehen drei Familienzimmer mit getrennten Schlafräumen. Auch Menschen mit Pflegebedarf können bei uns wohnen, da wir über die ambulante Pflege der Johanniter hier die Betreuung organisieren können. So können zum Beispiel die Angehörigen einen Regensburg-Besuch planen. Außerdem wird INCLUDiO über vier Tagungsräume mit Platz für bis zu 115 Personen, ein Restaurant und eine Hotelbar verfügen. Ein kleiner, rollstuhlgerechter Wellnessbereich mit zwei Saunen und einem Fitnessraum runden das Angebot ab. Das Haus wird ein Ort der Begegnung sein und Unternehmen können die Möglichkeit nutzen, soziale Verantwortung zu übernehmen. Wir möchten dazu beitragen, die Strahlkraft und die Attraktivität von Regensburg zu erhöhen.
Würden Sie Menschen mit Beeinträchtigung Regensburg als Reise- und Urlaubsziel empfehlen?
FR: Auf jeden Fall! Regensburg ist eine lebens- und liebenswerte Stadt. Wir ermöglichen es allen – ganz unabhängig von besonderen Bedarfen o.ä. – das Welterbe Regensburg zu erleben. Auch das kulturelle und sportliche Angebot in Regensburg macht einen Besuch allemal erstrebenswert. 2000 Jahre Geschichte hautnah erleben – wo ist das sonst noch möglich?
Sie kennen bereits das Inklusionshotelprojekt Includio der Johanniter. Freuen Sie sich als Inklusionsbeauftragter besonders auf die Eröffnung im Juni 2021?
FR: Ich freue mich schon sehr auf die Eröffnung des Includio! Dieses Hotel bietet endlich die für die Touristenstadt Regensburg dringend notwendigen Kapazitäten an barrierefreien Zimmern, um auch als Gruppen Reisen zu unternehmen und auch für Vereine und Verbände der Interessensvertretungen der Menschen mit Behinderung barrierefreie Seminare und Veranstaltungen abzuhalten.
Was macht Includio bezüglich der Art des Betriebes und der Ausstattung besonders?
FR: Das Hotel zeichnet sich durch die umfassende Barrierefreiheit in allen Bereichen aus. Selbst im Wellness-Bereich wurde das Thema umfassend mitgedacht. Besonders freut es mich, dass hier durch die Johanniter sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Menschen mit besonderen Bedarfen können hier zeigen was in ihnen steckt und dass sie auch im Gastgewerbe erfolgreich bestehen können – und das auf der Hälfte der neu geschaffenen Arbeitsplätze!
Wie ist der Stand der Dinge beim Hotelbau und beim Projekt? Was kann man bereits sehen bzw. gibt es schon erste Eindrücke?
HB: Tatsächlich kann man das spätere Ausmaß des Inklusionshotels auf der Baustelle schon gut erkennen. Im Sommer 2020 haben wir Richtfest gefeiert und seitdem ist vor allem der Innenausbau in Arbeit. Bereits im August haben wir ein rollstuhlgerechtes Musterzimmer errichtet und von mehreren Probanden testen lassen. Auch dank Herrn Reinel haben wir einige Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Barrierefreiheit erhalten, die nun beim Ausbau im Hotel noch berücksichtigt werden können. Die Personalakquise läuft auch bereits und wir konnten schon erste Stellen besetzen. Wir freuen uns auf die voraussichtliche Eröffnung von INCLUDiO im Juni 2021!